Ängste erscheinen am häufigsten als Prüfungsangst, Spinnenangst, Redeangst und Flugangst. Alle Betroffenen, möchten solche Ängste so rasch wie möglich unter Kontrolle bringen, sie bekämpfen und ganz von der Bildfläche verbannen. Wie man solche Ängste beherrschen könnte, darauf gehe ich, wie bereits in Aussicht gestellt, heute etwas näher ein.
In meinem Blog habe ich darauf hingewiesen, dass die Abwehr von Ängsten eine Strategie ist, die nur „mehr desselben“, nämlich einer untauglichen Lösung bedeutet, und dass man sich eher mit seinen Ängsten verbünden solle.
Auf welche Art also? Jeder kennt das Gefühl, von der Angst „gepackt“, „überwältigt“, „gelähmt“ zu werden. Eine Erwartung oder Vorstellung ist das aktive Element, die betroffene Person das erleidende Element. Ein sehr gangbarer Weg besteht darin, die Rollen dieser beiden Akteure zu vertauschen.
Sollte dies gelingen, wäre die Konsequenz, dass die Angst völlig anders erlebt wird. Sie bekommt eine neue, viel angenehmere Qualität. Ja, angenehmer! Allein die Tatsache, dass nicht mehr die Angst mit mir nach Belieben umspringt, sondern dass ich aktiver Teilnehmer und nicht nur erleidender werde, verschiebt die Perspektive grundlegend.
Ein Beispiel: Ich werde in einem fernen Lande mit jemandem verwechselt, der polizeilich gesucht ist. Ich werde verhaftet, Hände in Handschellen auf den Rücken, ins Polizeifahrzeug verfrachtet, genau wie aus Krimis bekannt, also geschubst, Kopf runter gedrückt, etc. Stattdessen hätte ich vielleicht die Unausweichlichkeit rechtzeitig realisieren können, mich vor der Verhaftung zum Polizeifahrzeug begeben, freiwillig einsteigen und zurufen können, ich wolle kooperieren. Welche Variante ist wohl angenehmer?
So ähnlich funktioniert eine der erfolgreichen Strategien zur Angstkontrolle. Ich gehe aktiv in auf mich abgestimmter Weise auf die Angst zu, anstatt vor ihr zu flüchten. Wir werden nie völlig ohne Angst sein. Aber die daraus erwachsende Fähigkeit, aktiv die Angst zu kontrollieren, führt dazu, dass wir aus der erfolgreichen Bewältigung Kraft schöpfen, anstatt wie bisher jeglicher Kraft beraubt zu werden.
Dazu möchte ich aber festhalten, dass die Fähigkeit, Angst zu haben, grundsätzlich etwas sehr hilfreiches ist. Bei uns lebte einmal ein Kater, dem diese Fähigkeit komplett abging. Furchtlos hat er sich vor einen herannahenden Lastwagen gestellt. Hier endete dann seine Karriere abrupt und tragisch. Soweit ist das ja klar.
Daraus folgt, dass Angstbewältigungsstrategien NICHT dazu verwendet werden dürfen, um natürliche Hemmungen vor realen Gefahren auszublenden. Sie sind anwendbar auf irreale Ängste, die sich dadurch von realen unterscheiden, dass das Gefahrenpotenzial lediglich in der Vorstellung besteht. Die Angst selbst ist dadurch nicht weniger real, denn das Gehirn unterscheidet nicht zwischen Realität und Phantasie. Denken Sie nur einmal an Albträume, die heftige körperliche Reaktionen auslösen können, obwohl sie bloß Traum sind.
Dass dies nicht gleich von heute auf morgen angewendet werden kann, ist auch klar. Es braucht dazu eine kleine Analyse der bisherigen Strategien, eine Methodik, die Situation rechtzeitig erkennen und vor allem akzeptieren zu können, und wenn das gelungen ist, braucht es einen einfachen Handlungsplan, der leicht anzuwenden ist. Und manchmal braucht es ein individuell abgestimmtes Coaching, um Hindernisse zur Umsetzung aus dem Weg zu räumen. Das scheint viel, aber…
Die frohe Botschaft: Dies ist nicht aufwändig und in der Mehrzahl der Fälle in einer einzigen Sitzung umsetzbar. Zweifler gibt es immer, da kann es dann ausnahmsweise drei oder sechs Sitzungen erfordern. Diese Fälle sind aber selten. In Seminaren zu 10-15 Teilnehmer dauert dies alles ganze drei Stunden. Zweifler haben anschließend die Möglichkeit zu einer individuellen Sitzung. Dies genügt. Die Erfolgsquote ist seit 20 Jahren derart hoch und anhaltend, dass ich Hemmungen habe, Zahlen zu nennen.
Ihre Fragen helfen mir, näher auf Sie einzugehen. Angst zu fragen? Falls ja, machen Sie den Selbstversuch. Gestehen Sie sich diese Angst kurz ein und schauen Sie was passiert, wenn Sie dann fragen. In diesem Sinne, und bis zum nächsten Mal!