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angstfrei – Ängste beheben
Wer ist schon ganz angstfrei? Angst ist überall gegenwärtig. Bei jedem Menschen. Dafür braucht sich niemand zu schämen. Ängste sind jedoch äußerst lästig und können einen sehr einschränken. Sie können bei realer Gefahr aber auch zu schützenden Gegenmassnahmen verhelfen.
Ängste werden reflexartig bekämpft, da sie sehr unangenehm sind. Und das mit den verschiedensten Methoden. Nützen tut es meistens nichts. Die „logische“ Folgerung: Ich muss mehr dagegen tun, mich mehr anstrengen, um angstfrei zu werden.
Ist es denn so schwierig, auf die Idee zu kommen, dass das, was nicht funktioniert einmal umzudrehen? Das Gegenteil zu tun? Ja, ist es. Paul Watzlawick bezeichnete unser Verhalten der Symptombekämpfung als „mehr desselben“, mehr einer falschen Lösung. So lange, bis die Lösung selber zum Problem wird.
Aus diesen Gründen wurde die sogenannte Paradoxe Intervention ins Leben gerufen. Oder etwas deutlicher ausgedrückt: Die Symptomverschreibung.
Was heißt das nun? Statt die Angst zu bekämpfen, soll versucht werden, die Angst willentlich hervorzurufen, bzw. sie zu verstärken. Das scheint nun wirklich paradox. Das typische an der Angst ist jedoch, dass sie unwillkürlich auftritt. Niemand hat sie gerufen, sie kommt einfach so. Aus dem Hinterhalt. Ganz spontan.
Nun ist es aber die typische Eigenart von Spontanphänomenen, dass sie nur spontan auftreten können. Willentlich ist aber das genaue Gegenteil von spontan. Einschlafen beispielsweise ist ein typisches Spontanphänomen. Jeder hat schon einmal erlebt, unbedingt gut ausgeschlafen auf den nächsten Tag vorbereitet sein zu wollen. Da versucht man dann verzweifelt einzuschlafen, willentlich, und was schaut dabei heraus? Man bleibt hellwach.
Angst als Spontanphänomen reagiert genau gleich. Sie lässt sich nicht willentlich hervorrufen. Man braucht also nicht zu befürchten, dass einem die Sache gleich über den Kopf wächst und alles noch schlimmer wird. Man kann es ruhig einmal versuchen. Bleibt dann die Angst aus, was meistens der Fall sein wird, dann führt das bei öfterer Wiederholung zu neuronalen (hirnphysiologischen) Veränderungen, welche zur gänzlichen Auflösung der Angstsymptomatik führt. Für die Details dazu fehlt hier leider der Platz.
Schwierigkeiten gibt es allerdings schon. Ein gewisser Prozentsatz an Betroffenen findet es schwierig, überhaupt ans Herstellen der Symptome zu gehen. Wie soll ich das anstellen? Ganz wenige haben sogar derart widerwärtige Symptome, dass sie sich überhaupt nicht dazu überwinden können.
Mit etwas Anleitung schaffen es jedoch die meisten Menschen, diese Verschreibung auszuführen und angstfrei zu werden.
Dazu gibt es kurze, zweiteilige Seminare. Beschreibung, Daten und Anmeldung hier.
Sie erleben in kürzester Zeit eine grundlegende und anhaltende Behebung der Symptomatik. In den wenigen Fällen, wo das nicht gelingt, begleite ich die Betroffenen persönlich in die angstauslösende Situation. Dazu einige Beispiele:
Ein 45-jähriger Mann litt unter schwerer Höhenangst. Sobald diese eintrat, wurde ihm so übel, dass er Brechreiz bekam, schwer zu husten begann und jederzeit damit rechnete, sich übergeben zu müssen. Begreiflich, dass er es nicht über sich brachte, diese Symptome auch noch verstärken zu wollen. Ich begleitete ihn auf einer nahen kleinen Luftseilbahn. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schaffte er es aber problemlos.
Kürzlich wollte eine Spezialistin in Biomedizin ihre Redeangst, die sie in Teamsitzungen schwer beeinträchtigte, loswerden. Nachdem wir einen häufig auftretenden Anfangsfehler behoben hatten, ging das recht gut, aber etwas hemmte sie noch immer. Es war die Aussicht auf einen Fachvortrag, den sie vor Ärzten und Spezialisten halten sollte, was ihr große Bauchschmerzen verursachte.
Sie bereitete ihren Vortrag vor, mit Folien und drum und dran. Kam damit in die Praxis, wohin ich auf ihren Wunsch einige Fachpersonen, die sie nicht kannte, eingeladen hatte. Nach letzten Instruktionen hielt sie ihren Vortrag, den wir auf Video aufnahmen.
Sie war nachher voller Zuversicht angstfrei zu sein und versprach, nach dem Vortrag ein Feedback zu geben. Nachdem ich über eine Woche vergeblich aufs Feedback gewartet hatte, fragte ich per Email an. Dies mit leicht gemischten Gefühlen, obwohl ich mir meiner Sache zuvor sehr sicher war.
Hier die Antwort:
Entschuldigen Sie, aber ich schwebe noch auf Wolke 7 😉
ich kann das immer noch nicht glauben: Es war ein riesiger Erfolg!!! Ich habe sehr viele Komplimente von den Ärzten im Publikum bekommen! Die Leute waren sehr begeistert und ich war ruhig. Sie sagten mir meine Stimme war so ruhig, und ein paar Leute haben sich gefragt wie kann ich denn so ruhig bleiben in einer solche Situation!
Panikattacken
Überfallartig Atemnot, Erstickungsgefühle, Zittern, weiche Knie, Taubheitsgefühle, Herzrasen, Hyperventilation, Schwindel, Kloss im Hals, Angst zu sterben, diese Symptome sind typisch für Panikattacken.
Sie treten selten bei jüngeren Menschen auf, ab der Pubertät kann man aber in jedem Alter davon betroffen sein. Üblicherweise nimmt die Häufigkeit ständig zu, oft beginnt es mit spezifischen Ängsten, wie Redeangst oder Angst vor engen Räumen, die sich dann bis zur Panikattacke steigern.
Erstaunlicherweise für Betroffene treten Panikattacken aber auch ohne ersichtlichen Grund auf.
Es lohnt sich, das Problem rasch anzugehen, denn die Lebensqualität ist in erschreckendem Ausmaß beeinträchtigt. Viele befürchten eine Herzattacke oder etwas Ähnliches und suchen so rasch wie möglich eine Klinik auf. Dort findet man dann keine körperlichen Ursachen und wird vielfach an einen Psychiater verwiesen, der dann entsprechende Medikamente zur Hand hat.
Die Medikamente sind aber oft auch nicht die ultimative Lösung. In der psychologischen Praxis zeigt sich dann, dass es sich bei „grundlosen“ Panikattacken oft um Ängste handelt, welche vom Betroffenen aus meist sozialen Gründen nicht eingestanden werden dürfen.
Beziehungsproblematiken spielen dabei häufig eine wesentliche Rolle. Junge Menschen, welche eine frühe Scheidung der Eltern erlebt haben, müssen oft erleben, dass sich diese erbittert befeinden. Selbstverständlich führt dies zu verschiedenen, oft schweren Konflikten, die natürlich auch mit Ängsten verbunden sind.
In einem Loyalitätskonflikt – das Kind liebt trotz allem beide Elternteile – wenn es zum Beispiel zum Streit zwischen einem Elternteil und dem Kind kommt, wird das Kind unter verschiedenen Ängsten leiden, die aber meistens geleugnet werden. Das Leugnen findet oft auch unter dem Aspekt der Loyalität statt, vor allem bei jungen Erwachsenen. Es findet eine Verschiebung der Angst, ähnlich wie bei einem psychosomatischen Leiden, statt. Die Angst wird unterdrückt und sie verschafft sich Luft in Form einer Panikattacke.
Es gibt auch Situationen, gerade bei äußerst erfolgreichen und furchtlosen Männern, wo zwar versteckte Ängste vorhanden sind, die dem Betroffenen oft gar nicht bewusst sind. Er darf jedoch niemals Angst zeigen. Die Lösung besteht für das Unbewusste darin, krank zu werden, d.h. scheinbar völlig unbegründete Panikattacken zu entwickeln. Er kann ja nichts dafür, das kommt einfach so, in unmöglichen und auch ganz unerwarteten Momenten.
Will man auf Medikamente verzichten, so liegt die Lösung in einem kombinierten Vorgehen. Die Problemsituationen werden aufgearbeitet und gleichzeitig wird die Panikattacke wie eine „normale“ Angststörung behandelt, s. auch Thema Panikattacken
Ängste auflösen
Ängste lassen sich mit verschiedenen Methoden auflösen. Sehr gute Erfolge erziele ich jedoch mit einer Kombination einer bereits klassischen Methode mit einer Weiterentwicklung aus der Hirnforschung. Die Klassische, ist die sogenannte Paradoxe Intervention, welche dank der Palo Alto Gruppe mit Paul Watzlawik durch ihre spektakulären und raschen Erfolge Aufsehen erregte.
Sie ist noch heute eine der schnellsten Methoden. Der Kernpunkt ist die Symptomverschreibung, deshalb paradoxe Intervention. Es ist ja paradox, wenn nicht gar gemein, jemandem gerade das zu verschreiben, oder aufzutragen, was er loswerden möchte. Am Beispiel Angst können Sie sehen, dass dies, richtig angewandt, unfehlbar ist. Dies verlangt zwar verschiedene Massnahmen, um es zu ermöglichen, aber dann muss sich die Veränderung zwingend wie ein Naturgesetz einstellen.
Gemeint sind Ängste wie Prüfungsangst, Redeangst, Flugangst und ähnlichem, sehr häufig von Panikattacken. Überlegen Sie sich, wie so eine Angst üblicherweise auftaucht. Sie kommt völlig ungerufen, selbsttätig, gegen den Willen, vollautomatisch. Sie wissen, man nennt dies spontan. Angst ist ein typisches Spontanphänomen.
Nun haben Spontanphänomene wie z.B. einschlafen oder sich verlieben die Eigenschaft, dass sie eben nur spontan auftreten können. Wenn Sie einschlafen wollen, weil Sie am nächsten Tag dringend gut ausgeschlafen sein sollten, dann liegt man erfahrungsgemäss noch lange wach. Das Gegenteil von spontan ist nämlich willentlich. Wenn Sie einschlafen wollen, haben Sie kaum eine Chance, einzuschlafen. Dasselbe gilt beim sich verlieben. Das ist ebenso ein Spontanphänomen.
Schluckauf ist ebenfalls ein Spontanphänomen. Lockt man einen Jungen der Schluckauf hat damit, sich leicht eine hübsche Summe zu verdienen, so will er das Geld natürlich haben. Sein Auftrag lautet, nochmals Schluckauf zu haben. Er will dies unbedingt, aber der Schluckauf bleibt weg, je stärker er ihn haben will.
Nun ist die Sachlage eigentlich sehr einfach: Angst ist ein Spontanphänomen. Sich willentlich die Angst erzeugen zu wollen verhindert die Angst zwingend. Die Paradoxe Intervention ist genau jene die dem Jungen mit Schluckauf verschrieben wurde: Hab nochmals Schluckauf. Das Symptom Schluckauf wird ihm verschrieben, als Aufgabe gestellt. Also: Habe Angst! Die Angst wird nicht auftreten können.
Sie ahnen es: Ganz so einfach ist es natürlich nicht, der Teufel steckt im Detail. Wer will schon so ehrlich Aengste haben wie der Junge, der sich das Geld auf schnelle Art, quasi mit einem Schluckauf verdienen möchte?
Es könnte ja auch einmal nicht funktionieren, nicht wahr? Sollte ich ins Flugzeug gestiegen sein und es rollt bereits zur Startbahn, habe ich keine Chance mehr auszusteigen, meine Flugangst wird mich auffressen, so denkt man. Wenn mich meine Prüfungsangst dann trotzdem überrollt und mir gar nichts mehr in den Sinn kommt?
Diese Gedanken verraten natürlich die Absicht: Man will vorgeben die Aengste willentlich herzustellen, hat aber eigentlich die Absicht, sie zu bekämpfen. So funktioniert das natürlich nicht. Ganz wenigen gelingt es, die Angst so ehrlich zu wollen wie der Junge den Schluckauf haben will.
Irgend ein kleineres oder größeres Trauma liegt jeder Angst zugrunde. In der Therapie und in meinen Seminaren übe ich mit den Betroffenen Wege, die es ermöglichen, solche Traumas aufzulösen und die auch ermöglichen, die Angst zu besiegen.
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, wollte ich dies beschreiben. Klienten und Seminarbesucher erlernen es. Wann mein Buch erscheinen wird, in welchem dies alles detailliert beschrieben wird, steht noch nicht ganz fest. Geplant ist es schon lange…
Platzangst
Wenn jemand erklärt, unter Platzangst zu leiden, so stellt sich in den meisten Fällen heraus, dass diese Person Angst bekommt, sobald es eng wird, sie zu wenig Platz hat. Dies ist nicht Platzangst, sondern Klaustrophobie. Platzangst ist die Angst vor grossen Plätzen (Agora, der Versammlungsplatz im antiken Athen) und heisst deshalb Agoraphobie. Dabei kommt es vor, dass menschen sich nicht mehr aus dem Haus getrauen, eine sehr einschränkende Vorstellung.
Agoraphobie oder Platzangst, die Angst vor Plätzen, öffentlichen Räumen, davor in der Weite verloren zu gehen, im Notfall keine Hilfe zu bekommen oder keine Fluchtmöglichkeit zu haben, in der Menschenmasse unterzugehen. Agoraphobie Betroffene meiden öffentliche Verkehrsmittel, lange Autofahrten, v.a. auf einsamen Straßen oder auf Autobahnen mit längeren Teilstrecken ohne Ausfahrt, aber auch Einkaufszentren und öffentliche Festanlässe. Im Extremfall verlässt eine Betroffene Person ihr Haus nur noch in Begleitung oder gar nicht mehr.
Die Klaustrophobie, irrtümlich auch Platzangst genannt, tritt bei den Betroffenen vor allem in engen Räumlichkeiten auf wie Aufzügen, eng bestuhlten Flugzeugen, aber auch in Bussen und Bahnen, Kinos und in Menschenansammlungen, oder nur schon wenn eine kleine Wahrscheinlichkeit für ein Gedränge besteht. Für weniger Empfindliche kann aber auch eine medizinische Untersuchung „in der Röhre“, also MRI/MRT, eine echte Herausforderung darstellen. Fast 15% aller Untersuchten zeigen dabei Angstreaktionen.
Zwischen den zwei Phobien gibt es auch Gemeinsamkeiten und Überschneidungen. Drum kann man ruhig beide als Platzangst bezeichnen, das hat sich etwas so eingebürgert. Eine Verwechslung von Agoraphobie und Klaustrophobie ist daher kein Grund zur Kritik. Es ist genau abzuklären, wie die Umstände liegen, will man eine präzise Diagnose stellen. Treten gleichzeitig z.B. Panikattacken auf oder nicht, in welchen verschiedenen Umgebungen treten die Ängste auf, spielt Alleinsein oder Menschenmenge eine Rolle?
In welche Kategorie gehört nun z.B. die panische Angst davor, in eine Sesselbahn zu steigen? Man ist auf einen ganz kleinen Raum beschränkt und man sollte sich ruhig verhalten. Merkmale der Klaustrophobie. Man ist allein, keine Hilfe weit und breit, der Raum um einen herum scheint unendlich. Merkmale der Agoraphobie.
Im Grunde spielt es für die Behandlung keine Rolle. Klassisch wird bei beiden kognitive Verhaltenstherapie in Form einer Expositionstherapie angewendet. Bei Klaustrophobie vermehrt auch medikamentöse Behandlung. Die wissenschaftliche Nachweisbarkeit des Therapieerfolgs ist gleichzeitig Vor- und Nachteil.
Es ist nicht meine Aufgabe, daran Kritik zu üben. Es ist trotzdem bedauerlich, dass die spektakulären Erfolge eines Milton Erickson mit Agoraphobie und einiger seiner Schüler im Mental Research Institut in Palo Alto nicht in weitere wissenschaftliche Studien Eingang gefunden haben. Die Anwendung ihrer Methoden im Coaching führt zu erstaunlichen Resultaten in kürzester Zeit und diese sind auch anhaltend. Neueste Forschungen an der Universität Zürich scheinen nun langsam in diese Richtung zu weisen.
Wenn Sie am Ansatz der Palo Alto-Gruppe interessiert sind, kontaktieren Sie mich.
Placebo
Das Wort Placebo hat einen unliebsamen Klang. Für viele hat es mit Betrug, und nicht ernst genommen werden zu tun.
Die Frage taucht natürlich auf, wieviel an psychotherapeutischen Behandlungen oder an Coachings auf Placebo beruht. Gerade Hypnose liesse sich zu einem grossen Teil dadurch erklären, obwohl sie in der Amerikanischen Schulmedizin zum Standard gehört.
Längst ist bewiesen, dass auch bei jedem wirklichen Medikament die Verbesserung der Symptome zu einem grossen Teil auf Placebo beruht, teilweise sogar bis zu 50%!
Die Diskussionen um die Komplementärmedizin haben dazu geführt, dass die Forschung sich weltweit intensiv mit der Wirksamkeit von Placebo befasst. Und die Resultate sind erstaunlich. Schauen wir uns kurz um:
Auf DRS2 in der Sendung Kontext vom 16. Februar 2011 wurde in der Diskussion mit Schweizer und US Amerikanischen Forschern unter Leitung von Pascal Biber ein Überblick über den Stand dieser Forschungen v.a. an der Harvard Medical School gegeben. Am Schluss dieses Blogs gebe ich Ihnen den entsprechenden Link an, damit Sie sich das anzuhören können. Die Sendung dauert 28 Minuten.
Soeben wurde auch in Science Translational Medicine eine Studie an der University of Oxford veröffentlicht, welche in die gleiche Richtung geht. Kurz zusammengefasst lautet die Aussage:
Das Gehirn kann die Wirkung von Medikamenten erhöhen oder verschwinden lassen. Weiss der Patient z.B. nicht, dass er ein Schmerzmittel injiziert bekam, sank der Schmerz der auf einer Skala von 1-100 mit durchschnittlich 66 angegeben war, auf 55. Wurde die Verabreichung mitgeteilt, sank der Schmerz weiter auf durchschnittlich 39. Dann wurde den Patienten gesagt, das Schmerzmittel sei abgesetzt, die Dosis jedoch gleichbleibend beibehalten. Der Schmerz stieg darauf auf 64 an, obwohl nichts verändert war. Und dies bei einem der besten zur Verfügung stehenden Schmerzmittel!
Die Erwartungen scheinen also eine entscheidende Rolle zu spielen. Nicht die Dinge oder Ereignisse sind es, die uns Leiden bescheren, sondern wie wir über sie denken. Und wie wir über Behandlungen denken kann durch Rituale entscheidend beeinflusst werden. Der Behandlungskontext in der Arztpraxis, die erhaltene Aufmerksamkeit und weitere Faktoren spielen eine bedeutende Rolle.
Ich war einmal zu einer Reise zu südafrikanischen Schamanen als psychologische Betreuung eingeladen. Die Heilungserfolge sind da derart spektakulär, Gelähmte tragen buchstäblich ihre Bahre weg, dass die Besucher derart aufgewühlt sind, dass Betreuung notwendig ist. Die Rituale dauern über Stunden und sind sehr beeindruckend. Sie nehmen sämtlich Sinnesorgane gefangen. Die ganze Prozedur mit ihren Erfolgen passt sehr gut in die neueren Forschungsergebnisse zu Placebo.
Die gute Meldung ist, dass die durch Placebo erzielte Wirkung auch dann erfolgt, wenn sie offen als solche deklariert werden, wie eine ganz neue Studie zeigt. „Sie bekommen hier ein Medikament, wir nennen es Placebo. Das heisst, es enthält keinen Wirkstoff. Trotzdem hilft es bei Ihrer Symptomatik. Wir wissen nicht weshalb.“ Und obwohl der Patient wusste, dass es ein Placebo ist, es wirkte in über 50% der Fälle!
Wie verhält es sich nun, wenn beispielsweise ein Coaching für Ängste die Erwartungen, Hoffnungen, Einstellungen verändert, und das innert kürzester Zeit zu völlig souveränem Umgang mit den Ängsten führt? Worauf ist es zurückzuführen, wenn dies ausnahmsweise einmal nicht der Fall ist? Wie viel hat dies mit dem Glauben und den Erwartungen der betroffenen Person zu tun? Wie könnte man dem begegnen, falls die angebotene Lösung unter Placeboverdacht steht, und man weiß, dass ein Placebo als solches deklariert ist, trotzdem wirkt?
Dies soll im nächsten Blog besprochen werden.
Und hier noch zwei weiterführende Links. Zuerst die Sendung Kontext und als zweites die Untersuchung der University of Oxford.
Podcast DRS2 Kontext 6.2.11 zum hören: http://pod.drs.ch/mp3/kontext/kontext_201102161002_10168514.mp3
Pressetext zum lesen:
http://www.pressetext.ch/news/110217009/schmerzmittel-erwartung-bestimmt-wirksamkeit/
Wie immer freue ich mich über Kommentare und beantworte sie auch.
Angst kontrollieren
Ängste erscheinen am häufigsten als Prüfungsangst, Spinnenangst, Redeangst und Flugangst. Alle Betroffenen, möchten solche Ängste so rasch wie möglich unter Kontrolle bringen, sie bekämpfen und ganz von der Bildfläche verbannen. Wie man solche Ängste beherrschen könnte, darauf gehe ich, wie bereits in Aussicht gestellt, heute etwas näher ein.
In meinem Blog habe ich darauf hingewiesen, dass die Abwehr von Ängsten eine Strategie ist, die nur „mehr desselben“, nämlich einer untauglichen Lösung bedeutet, und dass man sich eher mit seinen Ängsten verbünden solle.
Auf welche Art also? Jeder kennt das Gefühl, von der Angst „gepackt“, „überwältigt“, „gelähmt“ zu werden. Eine Erwartung oder Vorstellung ist das aktive Element, die betroffene Person das erleidende Element. Ein sehr gangbarer Weg besteht darin, die Rollen dieser beiden Akteure zu vertauschen.
Sollte dies gelingen, wäre die Konsequenz, dass die Angst völlig anders erlebt wird. Sie bekommt eine neue, viel angenehmere Qualität. Ja, angenehmer! Allein die Tatsache, dass nicht mehr die Angst mit mir nach Belieben umspringt, sondern dass ich aktiver Teilnehmer und nicht nur erleidender werde, verschiebt die Perspektive grundlegend.
Ein Beispiel: Ich werde in einem fernen Lande mit jemandem verwechselt, der polizeilich gesucht ist. Ich werde verhaftet, Hände in Handschellen auf den Rücken, ins Polizeifahrzeug verfrachtet, genau wie aus Krimis bekannt, also geschubst, Kopf runter gedrückt, etc. Stattdessen hätte ich vielleicht die Unausweichlichkeit rechtzeitig realisieren können, mich vor der Verhaftung zum Polizeifahrzeug begeben, freiwillig einsteigen und zurufen können, ich wolle kooperieren. Welche Variante ist wohl angenehmer?
So ähnlich funktioniert eine der erfolgreichen Strategien zur Angstkontrolle. Ich gehe aktiv in auf mich abgestimmter Weise auf die Angst zu, anstatt vor ihr zu flüchten. Wir werden nie völlig ohne Angst sein. Aber die daraus erwachsende Fähigkeit, aktiv die Angst zu kontrollieren, führt dazu, dass wir aus der erfolgreichen Bewältigung Kraft schöpfen, anstatt wie bisher jeglicher Kraft beraubt zu werden.
Dazu möchte ich aber festhalten, dass die Fähigkeit, Angst zu haben, grundsätzlich etwas sehr hilfreiches ist. Bei uns lebte einmal ein Kater, dem diese Fähigkeit komplett abging. Furchtlos hat er sich vor einen herannahenden Lastwagen gestellt. Hier endete dann seine Karriere abrupt und tragisch. Soweit ist das ja klar.
Daraus folgt, dass Angstbewältigungsstrategien NICHT dazu verwendet werden dürfen, um natürliche Hemmungen vor realen Gefahren auszublenden. Sie sind anwendbar auf irreale Ängste, die sich dadurch von realen unterscheiden, dass das Gefahrenpotenzial lediglich in der Vorstellung besteht. Die Angst selbst ist dadurch nicht weniger real, denn das Gehirn unterscheidet nicht zwischen Realität und Phantasie. Denken Sie nur einmal an Albträume, die heftige körperliche Reaktionen auslösen können, obwohl sie bloß Traum sind.
Dass dies nicht gleich von heute auf morgen angewendet werden kann, ist auch klar. Es braucht dazu eine kleine Analyse der bisherigen Strategien, eine Methodik, die Situation rechtzeitig erkennen und vor allem akzeptieren zu können, und wenn das gelungen ist, braucht es einen einfachen Handlungsplan, der leicht anzuwenden ist. Und manchmal braucht es ein individuell abgestimmtes Coaching, um Hindernisse zur Umsetzung aus dem Weg zu räumen. Das scheint viel, aber…
Die frohe Botschaft: Dies ist nicht aufwändig und in der Mehrzahl der Fälle in einer einzigen Sitzung umsetzbar. Zweifler gibt es immer, da kann es dann ausnahmsweise drei oder sechs Sitzungen erfordern. Diese Fälle sind aber selten. In Seminaren zu 10-15 Teilnehmer dauert dies alles ganze drei Stunden. Zweifler haben anschließend die Möglichkeit zu einer individuellen Sitzung. Dies genügt. Die Erfolgsquote ist seit 20 Jahren derart hoch und anhaltend, dass ich Hemmungen habe, Zahlen zu nennen.
Ihre Fragen helfen mir, näher auf Sie einzugehen. Angst zu fragen? Falls ja, machen Sie den Selbstversuch. Gestehen Sie sich diese Angst kurz ein und schauen Sie was passiert, wenn Sie dann fragen. In diesem Sinne, und bis zum nächsten Mal!
Du bist – Buddhist?
Die Antworten auf die Fragen aus meinem letzten Blog lassen sich natürlich nicht als Patentrezept formulieren. Der augenzwinkernde Schüttelreim im heutigen Titel lässt erwarten, dass von buddhistischer Seite Antworten kommen. Teils ja, teils nein. Jedenfalls lohnt es sich, einen Seitenblick auf diese Lehre zu werfen, die psychologische Beratung kann nur profitieren.
Im vorangegangenen Blog waren v.a. Ängste wie Flugangst, Prüfungsangst, etc. angesprochen – also unwillkommene Umstände und die damit verbundenen Emotionen. Erstaunlich genug, befasst sich der Buddhismus auch mit willkommenen Umständen und Emotionen. Grund: wie alles, sind auch diese vergänglich und damit schon wieder Ursache für unwillkommene wie Verlustangst, Trennungsschmerz, Krankheit, Trauma und vieles mehr.
Primär geht es ja darum, glücklich zu sein, und das definieren wir meist mit Abwesenheit von Leiden. Und genau darüber hat Gautama Buddha sehr scharf nachgedacht. Er steht im Fach Nachdenken einem Sokrates, Kant, Nietzsche oder Heidegger in nichts nach. Und diese Gedanken sind sogar für Laien nachvollziehbar, was man von unseren Philosophen nicht immer behaupten kann. Also, hier Buddhas Grundfragen:
Was ist Leiden? Wie entsteht es? Was ist Aufhebung des Leidens? Was ist der Weg zu dessen Aufhebung? (Dies wird „Die Vier Edlen Wahrheiten“ genannt.)
Leiden sei Zusammentreffen mit etwas, das man nicht mag oder getrennt werden von etwas, das man mag. Und das Gegenteil von beidem sei nicht durch bloßes Wünschen erreichbar. Im letzten Blog habe ich solche Wünsche als verfolgende Gedanken bezeichnet. Wer kennt das nicht!? Präzisiert wird dies von Buddha in der Untersuchung nach dem Entstehen:
Es sei einerseits das Begehren (die „geistige Reaktion“, also wieder Gedanken!) nach Verlockendem und Angenehmem. Da denkt jeder „was ist daran falsch, dafür arbeiten wir doch?“. Ja richtig, das ist auch gar nicht abzulehnen. Es ist auch nicht abzulehnen, dass wir Schmerz nicht mögen, oder dass wir uns mit Trauer schwer tun, wenn wir etwas Geliebtes oder auch bloß Angenehmes verlieren. Diese Haltung ist die andere Ursache für Leiden, nämlich Aversion. Beides, Angenehmes und Unangenehmes, gehört ja anerkanntermaßen zu unserem Leben.
Die Frage ist bloß, wie sollen wir damit umgehen? Unsere Gedanken und Phantasien sorgen dafür, dass Begehren oder Aversion so heftig werden, dass unser vegetatives Nervensystem eine übermäßige Reaktion aufbaut, und sich damit auf einen Kampf einlässt. Ließe sich das vielleicht anders bewältigen? Darin bestünde die Überwindung des Leidens.
Ich möchte nur noch summarisch auf den vierten Punkt, den Weg zur Aufhebung des Leidens eingehen. Dieser Weg wird als der achtfache Pfad beschrieben, der in der sogenannten vollkommenen Errichtung der Aufmerksamkeit gipfelt. Das heißt, Beobachtung des Entstehens und Vergehens von Begehren und Aversion, die in Verständnis und damit in Freiheit von Anhaftung mündet.
Der ganze von Buddha beschriebene Weg soll natürlich zur endgültigen und restlosen Befreiung von jeglichem Leiden und damit auch von Geburt und Tod führen. Das ist ja nicht das, was in psychologischer Beratung gesucht wird. In der Beratung – oder der Selbsthilfe – geht es darum, nur von einem bestimmten, eng umschriebenen Leiden befreit zu werden. Als Weg dazu eignet er sich aber durchaus. Er zielt aber ausschließlich auf das anvisierte Problem.
Von Kampf wird nichts gesagt. Nur von Beobachtung und Verständnis. Wenn es also, wie im letzten Blog erwähnt, einen Versuch wert ist, sich mit dem Schicksal zu verbünden, statt sich ihm entgegen zu stellen, so wäre der erste Schritt dazu, zu beobachten, anstatt zu kämpfen, d.h. statt zu begehren oder abzulehnen. Sammeln Sie alle Informationen über die Art wie Sie durch geistige Aktivität Begehren oder Aversion und damit unangenehme Emotionen aufbauen. Versuchen Sie, das zu verstehen. Es ist noch nicht die ganze Lösung, aber es wird bereits Erleichterung bringen.