Auslöser von Stress, Stressoren genannt, bestehen sowohl aus äusseren Einflüssen wie Lärm, Reizüberflutung, Einschränkungen etc., aber weitaus der grösste Teil der Stressoren sind Ängste.
Für eine sofortige Reduktion ist die folgende Technik sehr hilfreich und sinnvoll:
Nehmen wir als Beispiel eine reale Gefahr. Sie haben sich auf einer Bergtour verlaufen und befinden sich in einer steilen, rutschigen Traverse. Es gibt kein Zurück, weil Sie nicht ohne grösste Gefahr zurücksteigen können, die Wahrscheinlichkeit zu stürzen ist zu hoch. Ausgleiten hätte fatale Folgen, nach 100 Metern unaufhaltsamen Rutschens käme eine hohe Felswand, die Sie unweigerlich hinunterstürzen würden. Todesgefahr! Der Puls steigt auf 160. Eine solche reale Gefahr löst berechtigte Angst aus. Es entsteht Stress, d.h. das vegetative Nervensystem reagiert automatisch mit der Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin, Cortisol, Noradrenalin, und weitere.
Diese Reaktion ist richtig, sie warnt Sie unmissverständlich und bereitet den Körper auf Kampf oder Flucht vor. Stress, wenn er im Fall von sehr hoher Gefahr ein bestimmtes Mass überschreitet, bedeutet aber auch, dass Sie keine klaren Gedanken fassen können, um die richtige Taktik oder den richtigen Entscheid zu finden. Dies wäre jetzt besonders wichtig.
Lösung:
Halten Sie inne. Schaffen Sie sich einen sicheren Stand und warten Sie. Seien Sie sich klar, dass jetzt überstürztes Handeln gefährlich ist. Zuerst müssen Sie herunterfahren, d.h. den Adrenalin- und v.a. Cortisolspiegel senken, den Puls normalisieren und ruhig werden. Dann erst können Sie überlegen.
Sobald Sie sicheren Stand haben, beginnen Sie, auf Ihre Atmung zu achten. Nehmen Sie einfach wahr, wie sich die Atmung verhält. Ihr emotionaler Zustand beeinflusst die Atmung enorm, sie ist sehr sensibel darauf. Die Emotionen ihrerseits reagieren aber auch auf die Atmung. Sie sind über die Atmung beeinflussbar. Dies ist der Schlüssel zur Lösung. Die Atmung geschieht entweder automatisch, gesteuert vom vegetativen Nervensystem, oder willentlich.
Sie werden feststellen, dass Ihre Atmung im Angstzustand flach ist und sich auf die mittleren und oberen Atemräume beschränkt, nur Brustkorb und Schlüsselbeine bewegen sich. Zeitweise wird die Atmung bei stark gefüllter Lunge ganz stoppen und Sie werden versuchen eher einzuatmen, nach Luft zu schnappen. Dies geschieht ganz automatisch. Sie atmen nun also willentlich folgendermassen:
Ganz bewusst ausatmen und dann gar nichts tun. Überhaupt nichts, bloss warten. Drei bis vier Sekunden Atempause und dann wieder einatmen.
Bei grossem Stress scheint dies unmöglich, man schnappt automatisch nach Luft. Trotzdem hartnäckig weiter versuchen. Anfangs wenigstens ein Bisschen ausatmen und dann immer mehr ausatmen. Ausatmen ist das Wichtigste. Nach vier, fünf Versuchen geht es dann immer.
Sie werden erstaunt sein, wie schnell sich Adrenalin und Cortisol abbauen, die Herzfrequenz sinkt und Ihre Angst verschwindet. Nun können Sie wieder klare Gedanken fassen. Dies sollten Sie zuerst vor einem Spiegel mehrmals üben, es ist gar nicht so einfach.
Diese Methode hilft für einen Moment auch sehr gut bei neurotischer, also irrealer Angst. Sie befreit allerdings nicht endgültig davon. Bei berechtigter Angst darf dies auch nicht sein, denn wenn Sie in eine Gefahrensituation geraten, haben Sie keinen besseren Freund als Ihre Angst. Sie warnt Sie und zwingt Sie zu handeln.
Natürlich, bei den irrealen Ängsten würde man sich das ja gerne wünschen. Aufgrund von Phantasien reagiert das vegetative Nervensystems auch hier mit der Aktivierung des Sympathikus, des „Flight and Fight“, also der Bereitschaft zu flüchten oder zu kämpfen. Bei irrealen Ängsten natürlich unsinnig. Am Berg in der Wand hätte das aber im Falle berechtigter Angst fatale Folgen. Darum nehmen Sie solche Reaktionen bitte ernst und setzen diese Technik ein, um in Ruhe zu entscheiden, statt unter Druck einen Fehlentscheid zu treffen.